Die Versammlung der katholischen Kirchgemeinde Aadorf-Tänikon zog rekordverdächtige 126 Stimmberechtigte in den Saal des Pfarreizentrums Aadorf. Das Traktandum um den Verkauf des Pfarrhauses in Tänikon schien von besonderem Interesse.
Aadorf – Viele Kirchbürgerinnen und Kirchbürger nahmen den Weg zur Kirchgemeindeversammlung unter die Füsse. Rasch wurden weitere Sitzgelegenheiten bereitgestellt und pünktlich konnte der Präsident Rolf Anliker die Versammlung eröffnen.
Liegenschaften gaben zu reden
Christof Lindner präsentierte die Rechnung 2024 im Detail, welche mit einem Ertragsüberschuss von 81'048 Franken abschloss. Diese wurde von der Versammlung genehmigt.
Markus Sax informierte über die Liegenschaften. Beim Pfarrhaus in Aadorf kam es im Keller zu einem Wassereintritt. Das Vordach respektive die Dachrinne bei der St. Anna Kapelle wurden erneuert, so dass die Feuchtigkeit und der Schimmelpilz zum Teil verdrängt werden. In Tänikon floss das Heizwasser infolge einer defekten Heizung in die Erde.
Das Traktandum «Verkauf des Pfarrhauses Tänikon» sorgte wie erwartet zu Diskussionen. Vorgängig informierte Rolf Anliker über die Geschichte der Liegenschaft. «Es zeigten sich frappante Mängel am Haus. Infolge fehlender Finanzen hat man aber immer nur in das Nötigste investiert.» Beigezogene Fachpersonen prophezeiten für eine Renovation einen Aufwand von 700'000 bis zu einer Million Franken. Der Präsident vom katholischen Kirchenrat, Cyril Bischof, selbst Architekt, empfahl nach einer Besichtigung, das Haus zu verkaufen. Familie Sax wohnt seit vielen Jahren im Pfarrhaus und äusserte im letzten Herbst den Wunsch, das Pfarrhaus zu kaufen. Mit der Familie Sax wurden verschiedene Kaufoptionen besprochen. Zwei unabhängige Schätzungen ergaben eine Verkaufspreisempfehlung von etwas unter einer Million Franken. Man einigte sich auf den Preis von einer Million Franken. «Von der Parzelle bleibt ein grösserer Anteil Land zur Verfügung, auf welchem die Familiengärten weiterhin genutzt werden können. Es wurden bereits viele Vorbesprechungen vorgenommen. Mit dem Erlös könnte das offene Darlehen aufgelöst werden. Das Dach von der Kirche in Aadorf und der Glockenstuhl in Tänikon stehen zur Renovation an. Markus Sax äusserte sich ebenfalls dazu. «Seit 16 Jahren wohnen wir in diesem Pfarrhaus. Wir haben uns zwangsweise angewöhnt an die Unannehmlichkeiten durch beispielsweise Krabbeltiere. Wir könnten vieles selbst leisten beim Umbau.» Das Pfarrhaussäli gehört ebenfalls zum Kauf. Es würde jedoch bei Bedarf von der Familie Sax vermietet.
Grossratspräsident Peter Bühler übernahm die Moderation des Traktandums. Viele Fragen und Meinungen wurden geäussert. Man sprach von «verschachern», zu schnellem Handeln und zu wenig Informationen. Ein Antrag wurde von der Schulpräsidentin Astrid Keller gestellt, dass das Sääli im Besitz der Kirchgemeinde bleiben sollte, da auch die Schule Interesse habe, dieses langfristig zu mieten. Dieser Antrag wurde mit 41 Ja- zu 56 Nein-Stimmen mit diversen Enthaltungen abgelehnt. Eine geheime Abstimmung wurde mangels Unterstützung ebenfalls abgelehnt. Gemäss Mitteilung von Rolf Anliker kann die Schule mit der Familie Sax in Kontakt treten betreffend Mietverhältnis.
Die Abstimmung zum Verkauf des Pfarrhauses zum Preis von einer Million Franken an Familie Sax wurde mit 86 Ja- zu 23 Nein-Stimmen und sechs Enthaltungen angenommen.
Einen Tag später gab Rolf Anliker seiner Freude nochmals Ausdruck über den Verkauf des Pfarrhauses an Familie Sax. «Ich habe kurz, aber sehr gut geschlafen», schmunzelt er. «Im Vorfeld hat man viel gehört, auch nach dem Patroziniums-Festgottesdienst am vergangenen Sonntag. Ich habe versucht, bereits bei der Einleitung viele Fragen zu beantworten.» Über das Abstimmungsresultat zeigte er sich glücklich. «Der Verkauf entlastet die Kirchgemeinde finanziell enorm und bewahrt die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger vor einem grösseren Steueraufkommen.»
Stellvertretend für die Gegner des Verkaufs äusserte sich Marie-Anne Rutishauser aus Ettenhausen. «Ich gönne der Familie Sax das Haus von Herzen. Ich kann wie andere Versammlungsteilnehmende jedoch nicht verstehen, dass die öffentliche Hand Landreserven verkaufen will.» Klar, alle Leute wollen weniger Steuern bezahlen, das komme auch ihr Zugute. «Den demokratischen Entscheid akzeptiere ich. Gefreut hat mich, dass auch junge Leute die Kirchgemeindeversammlung besucht haben und somit Interesse am Geschehen bekundet haben.»
Katholische Kirche Hinterthurgau
Ab dem kommenden August werden die katholischen Kirchgemeinden Aadorf-Tänikon, Dussnang-Fischingen, Sirnach-Eschlikon und Wängi-Matzingen näher zusammenarbeiten. «Wir sind die ersten in der Schweiz, welche ein solches Projekt durchführen», erläuterte Rolf Anliker. Es werde mit einem provisorischen Zusammenarbeitsvertrag gearbeitet und in zirka einem Jahr werden die Kirchgemeinden über diesen abstimmen. Cornel Stadler gab einen kurzen Überblick über die jeweiligen Gottesdienste. Drei der vier kommenden Seelsorgenden der vier Kirchgemeinden waren anwesend und stellten sich kurz vor: Petra Mildenberger, Pater Gregor Brazerol und Simon Bachmann. Ein weiteres Mitglied wird Bruder Leo Gauch sein. Der Eröffnungsgottesdienst der katholischen Kirchen Hinterthurgau findet am Sonntag, 17. August, in der Pfarrkirche St. Alexander in Aadorf statt.
Mesmer Markus Jud wurde verabschiedet und Michele Bortone stellte sich als Nachfolger vor.
Seelsorger Daniel Bachmann äusserte sich zu seiner bevorstehenden Pensionierung. «Ich kann gut loslassen und freue mich auf meine Pensionierung.» In einem überschaubaren Rahmen wird er weiterhin Aushilfsgottesdienste halten. Am Sonntag, 29. Juni, wird Daniel Bachmann beim Gottesdienst in Tänikon verabschiedet.
Nach der rund zweieinhalbstündigen Versammlung genossen die Teilnehmenden den offerierten Apéro und nutzten die Gelegenheit, weitere Diskussionen über den Verkauf des Pfarrhauses zu führen.
Brigitte Kunz-Kägi